ORGANpromotion

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Sie sind die Avantgarde, die jungen Wilden von Paris und allesamt unglaublich innovativ und trotzdem ungemein bescheiden. Sie haben alle großen Wettbewerbe gewonnen und führen die Kunst der Orgelimprovisation ins 21. Jahrhundert. Allein das ist eine gigantische Herausforderung. Denn Paris ist zwar der Ort, an dem die jungen französischen Organisten die lange Tradition an den geschichtsträchtigen Instrumenten weiterführen, doch viele Pariser Virtuosen arbeiten auch in England, in den USA und in Deutschland. Das heißt unter Umständen: Titulaire in Paris und Professor in London.

Die Internationale Orgelakademie Paris AIOP 2018 unter der Leitung und Organisation von ORGANpromotion ermöglichte es in der Woche vom 23.- 27. Juli, einzutauchen in den Kosmos der Pariser Orgelkunst, legendäre Instrumente und fantastische Organisten an authentischen Orten kennenzulernen.

Gaetan Jarry, knapp über dreißig und bereits Titulaire an St. Gervais, spielt hier an diesem barocken Wunderwerk atemberaubend und ist hörbar begeistert von seinem Instrument. So erklärt er den Akademieteilnehmern das französische Idiom der Suite ebenso kenntnisreich wie charmant und stellt nach einem improvisierten „ Recit en Taille” mit leuchtenden Augen fest: „Ihr müsst wissen, die französische Suite dient immer dem Instrument, sie ermöglicht es, die Orgel ins beste Licht zu rücken. Diese Musik lässt das Instrument vor allem erstrahlen.” Und tatsächlich fühlt sich Jarry als Diener seines Instruments. Gerade das macht sein Spiel so unverwechselbar. Auch Baptist- Florian Marle- Ouvrard ist ein Klangmagier, Titulaire an der großen Orgel von St. Eustache. Hier zaubert er in seinen Improvisationen diese unvergleichlichen französischen Farben. “Genau die wollen wir uns erarbeiten und kennenlernen”, erhofft sich da einer der Kursteilnehmer. Baptist- Florian schmunzelt, reagiert prompt, und erläutert daraufhin mehrere Skalen und verschiedene Möglichkeiten, Skalen und Modi zu erweitern. Alles, was er zeigt, erklärt und spielt, ist sehr konsequent und durchdacht, und letztendlich fasst er das Geheimnis seiner Kunst dann knapp zusammen: “Studiert die Werke von Faure, Dukas, spielt Messiaen und Durufle!” Ein anderer wie Samuel Liégeon, Titulaire an St . Pierre de Chaillot, demonstriert neben barocken Formen der Improvisation vor allem moderne Techniken wie Cluster und perkussive Spielarten, die die Teilnehmer nur so ins Staunen versetzen. Phantastische Klangkaskaden entstehen, wenn sich die Hände wie Raupen über die Manuale hinweg fortbewegen. Mal gleichmäßig, mal stockend, mal beschleunigend. Einfach beeindruckend, wie sich solche Klänge quer über die Manuale wellenartig ausbreiten. Jeder will diese Techniken sofort ausprobieren. Auch in den Kursen mit Francois Espinasse in St. Severin, Francois-Henri Houbert in La Madeleine. Frédéric Blanc in Notre-Dame d´Auteuil und mit Andrew Dewar in der amerikanischen Kathedrale immer gilt das Prinzip: jeder darf, keiner muss. Einer der Höhepunkte der Kurswoche ist aber sicher die Begegnung mit Sophie- Veronique Couchefer- Choplin an der Cavaillé- Coll- Orgel in St. Sulpice. Man spürt an Couchefer- Choplins didaktisch-methodischen ausgeklügelten Improvisationsmodellen sofort, dass sie über sehr fundierte Lehrerfahrung verfügt, jeden Teilnehmer dort abholt, wo er steht, immer wieder motiviert und lobt.

Fazit: Eine unglaublich inspirierende Woche in Paris, neben den Kursen noch mit einem ergänzenden großen Orgelabendprogramm eine einzigartige Erfahrung, an den großartigen Pariser Instrumenten authentische Klangerfahrungen machen zu können! Und so hat man am Ende der Akademie den Eindruck, dass sich jeder der 30 Teilnehmer aus aller Welt auf das Üben daheim, am eigenen Instrument, so richtig freut.

(Dr. Martin Hoffmann, D-86438 Kissing)