25 Organistinnen und Organisten aus sechs Nationen, Studierende und Amateure vom 16-jährigen Schüler bis zu über 70-jährigen Orgel-Enthusiasten, waren nach Obermarchtal an der Donau gereist, um an der wundervollen Holzhey-Orgel von 1780 die 24. Süddeutsche Orgelakademie mitzuerleben. Glücklicherweise hatte sich Michael Grüber von ORGANpromotion entschlossen, diese Tagung nicht wegen Corona ausfallen zu lassen. Jean-Claude Zehnder, langjähriger Professor an der Schola Cantorum in Basel und Organist der Silbermann-Orgel in Arlesheim, führte die Teilnehmenden mit Humor, Freundlichkeit und eminentem Wissen in die Geheimnisse des Schwerpunktthemas „Bachs Orgelbüchlein“ ein. Dabei ging es um Fragen des Tempos, der Artikulation, der Registrierung und des biographischen Hintergrunds. Bachs Orgelbüchlein entstand nicht - wie die Legende wissen will - in einem Schwung im Weimarer Arrest, sondern in mehreren Phasen, wie Musikwissenschaftler anhand von Wasserzeichen im Papier und der Entwicklung von Bachs Notenschrift zeigen konnten. Die Teilnehmendes hatten auch andere Orgel- und Clavierstücke von Bach sowie Werke süddeutscher Komponisten der Barockzeit wie Carlmann Kolb oder Georg Muffat mitgebracht, die im Kurs kommentiert und verfeinert wurden. Die von Johann Nepomuk Holzhey für das Obermarchtaler Praemonstratenserkloster erbaute Orgel mit ihrem warmen, farbigen Klang ist wegen ihres knapp besetzten Pedals und des begrenzten Koppelapparats nicht unbedingt ideal für die Musik Bachs. Sie ist aber auch nicht für diesen Zweck konzipiert worden, ebenso wenig wie Gablers Instrument in Ochsenhausen und die weltberühmte Riepp-Orgel von Ottobeuren, die bei der abschließenden Exkursion besucht wurden und erprobt werden konnten. Im Kurs herrschte eine gute freundschaftliche Atmosphäre. Die drei verfügbaren Orgeln wurden bis tief in die Nacht gespielt. Die erfreulichen Ergebnisse zeigten sich im Teilnehmerkonzert. Als innovative Besonderheit dieser Orgelakademie wurde der Kurs per Livestream über das Internet übertragen, wobei die zugeschalteten Zuschauer und Zuhörer Fragen stellen und Kommentare abgeben konnten. Ein Höhepunkt war das hinreißende Abschlusskonzert von Jean-Claude Zehndner mit Bachs dreiteiliger Fuge in Es-Dur als Krönung. Der herzliche Dank der Kursteilnehmer gilt Jean-Claude Zehnder, aber ebenso Michael Grüber und Christa Stiegenroth für die hervorragende Organisation.
Hans-Walter Blum, Tübingen